Die doppelte Bluttat von Grone (Göttingen, 1827/1828) von Wolfgang Krüger

Andreas Christoph Beinhorn, Tagelöhner aus dem dicht bei Göttingen gelegenen Dorf Grone und mittlerweile bereits 33 Jahre alt, galt seit jeher als gefühllos und überaus jähzornig. Sein Vater hatte ihn 1825 wegen schlechten Betragens aus dem elterlichen Hause gewiesen und ihm auch eröffnet, er möge auf das väterliche Erbe, als da waren das Haus und ein kleines angespartes Vermögen, nicht mehr zählen. Das verschärfte den schon lange schwelenden Hass des Sohnes auf die Familie. Sein Verhältnis zu den Eltern wie auch zu seiner Schwester Marie Charlotte, die er nicht als rechtmäßig anerkannte, war daher ein zum Zerreißen gespanntes. Im März 1827 verkündete Marie Charlotte, sie habe einen Mann gefunden, den sie baldigst heiraten wolle. Da er nun befürchten mußte, das Anrecht auf Haus und Vermögen des Vaters endgültig zu verlieren, reifte in dem ungeratenen Sohn allmählich der teuflische Gedanke, Eltern und Schwester vorzeitig ihres Lebens zu berauben. Auf diese Weise würde er doch noch das väterliche Erbe antreten können.

In der Nacht vom 17. auf den 18. März 1827 suchte er das am Rande von Grone stehende Elternhaus auf und verschaffte sich durch ein Fenster Zutritt. Sein erster Weg führte ihn in die elterliche Schlafkammer. Er näherte sich, eine Axt in der Hand, dem bereits 68 Jahre zählenden Vater Andreas Friedrich und versetzte dem friedlich Schlummernden ohne zu zögern mehrere wuchtige Schläge auf den Kopf. Sie zertrümmerten ihm den Schädel. Den Leichnam zog er aus dem Bett, legte ihn auf den Fußboden und schlug nochmals voller Haß zu, bis das väterliche Gesicht nicht mehr zu erkennen war. Beinhorn begab sich nun in die Nachbarkammer, in der die 65jährige Mutter Christine Elisabeth und die 30jährige Schwester Marie Charlotte gemeinsam ruhten. Wie von Sinnen schlug er mit der Axt auf die verhaßte Schwester ein, dabei abwechselnd Stiel und Schneide gebrauchend, bis ihr der Schädel zersplittert war. Die dabei erzeugten Geräusche ließen die Mutter erwachen. Der wütende Sohn schlug nun auch auf sie ein, bis sie blutüberströmt aufs Bett zurücksank. Nach vollbrachter Tat schlich sich Beinhorn von dannen und im Schutze der Nacht in die eigene Behausung zurück.

Nachbarn drangen am Morgen ins Haus ein, weil sie auf ihr Rufen keine Antwort erhielten. In der Wohnstube saß Frau Beinhorn stark aus schrecklichen Kopfwunden blutend auf dem Stuhl. Wenige Augenblicke später entdeckten die Nachbarn im oberen Geschoß die beiden fürchterlich zugerichteten Leichen von Ehemann und Tochter. Frau Beinhorn, die trotz der schweren Verletzungen mit dem Leben davonkam, gab eine Täterbeschreibung ab: Sie wußte, daß es ihr eigener Sohn war. Der Doppelmörder wurde am Abend verhaftet und in gefänglichen Gewahrsam genommen. Das königliche Amt Göttingen begann alsbald die Kriminaluntersuchung gegen ihn. Beinhorn leugnete frech die Tat. Die wochenlangen Verhöre verfehlten aber letztendlich nicht ihre Wirkung: Am 11. Mai legte er dem Untersuchungsrichter gegenüber mit größter Seelenruhe ein Geständnis ab. Die Feder des Aktuars mag sich gesträubt haben, als er das entsetzliche Verbrechen protokollierte, gehörte doch Verwandtenmord zu den scheußlichsten Untaten.

Nach Abschluß der Untersuchung sandte man die Akten an die königliche Justizkanzlei in Göttingen, die gemäß der Carolina am 5. Dezember 1827 folgende Erkenntnis abfaßte: Beinhorn solle wegen seiner beiden abscheulichen Verwandtenmorde die verschärfte Todesstrafe durch Zerschmetterung der Glieder mit eisernen Keulen von unten auf erleiden. Anschließend solle sein Leichnam aufs Rad geflochten werden. Der Inquisit erfuhr von diesem ihm zugedachten Tod in seiner Zelle am 18. Januar 1828. Doch noch blieb ihm der Weg der weiteren Verteidigungsinstanz an eine andere Justizkanzlei. Die dafür zuständige in Hildesheim trat dem Göttinger Urteil in allen Buchstaben bei. Nur noch einer konnte nun Beinhorns Leben retten: der König. Aber Georg IV. war nicht geneigt, Gnade walten zu lassen. Durch Reskript vom 2. September 1828 bestätigte er das Todesurteil. Das Justizministerium wies die Göttinger Justizkanzlei unverzüglich an, das Urteil baldigst vollstrecken zu lassen.

Dies geschah am 10. Oktober 1828 auf der gewöhnlichen Richtstätte auf dem Leineberg vor dem Groner Tor in Göttingen. Beinhorn wird diese Prozedur nicht bei Bewußtsein erlebt haben, denn auch ihm wird die Gnade der Erdrosselung zuteil geworden sein.

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