Mord wegen besserer Kleidung (Egeln, 1801) von Wolfgang Krüger

Marie Sophie Magdalene Fabian, geboren am 12. Juni 1776 in Kochstedt, wuchs in den ärmsten Verhältnissen auf. Ihre Mutter starb sehr früh, der Vater heiratete dann erneut und ernährte sich und die Familie durch Bettelei, wurde aber eines Morgens erfroren auf dem Felde gefunden. Mit siebzehn verdingte sich das Mädchen als Dienstmagd, hielt es jedoch nie länger an einer Stelle aus. Sie hatte schließlich die Absicht, in Quedlinburg in Stellung zu gehen, wo ihre Schwester verheiratet war. Doch dort wurde sie wegen ihrer zerschlissenen Kleidung abgewiesen. Eine bessere konnte sie sich aber nicht leisten. Da kam ihr der Gedanke, eine beliebige weibliche Person zu ermorden und sich in den Besitz ihrer Kleidung zu setzen. Mehrmals versuchte sie, junge Mädchen aus der Verwandtschaft an eine einsame Stelle zu locken, sie umzubringen und ihnen die Kleider abzunehmen. Doch alle verspürten keine Lust, mit der Fabian zu gehen.

Da entsann sie sich der Tochter eines Dreschers in Altenmarkt bei Egeln (im zum Königreich Preußen gehörenden Herzogtum Magdeburg liegend), die 15jährige Margarethe Elisabeth Tacke, mit der sie seit längerem bekannt war. Diese suchte ebenfalls eine Anstellung als Dienstmagd. Also begab sie sich am 16. November 1800 nach Altenmarkt und überredete das junge Mädchen, mit ihr nach Hakeborn, einem Nachbardorf von Egeln, zu gehen und ja seine schönsten Kleider anzuziehen, denn dort würden gleich zwei Dienstmägde gesucht. Zunächst gingen beide den Fahrweg entlang. Da sich auf diesem aber zu viele Menschen befanden, führte die Fabian ihr Opfer vom Wege weg auf die Felder. Unterwegs verlangte sie von dem Mädchen, ihr den Rock, die Schürze, den Wams und das Halstuch zu geben. Dieses weigerte sich, erklärte, ihre Eltern würden sie verprügeln, sollte sie halbnackt nach Hause kommen. Da drohte die Fabian ihr mit Mord, sollte sie nicht endlich ihre Kleidung herausgeben. Doch noch immer weigerte sich Margarethe Tacke.

Nun fiel die Ältere über die Jüngere her, umklammerte ihr mit den Händen den Hals und drückte ihr die Luft ab. Als die Augen weit aus den Höhlen traten und der Körper erschlaffte, stand die Fabian auf und trat der Toten mehrmals gegen den Hals, um ganz sicher zu gehen. Doch damit gab sie sich nicht zufrieden: Sie löste der Toten das Kopfband, schlang es ihr um den Hals, verknotete es und zog es mit aller Kraft zu. Dann zog sie das Mädchen nackt aus, packte die Sachen in ihre eigene Schürze, schleppte die Leiche zu einem nahe gelegenen kleinen Teich und stieß sie hinein. Dabei vernahm sie noch ein leichtes Röcheln ihres Opfers. Dann setzte sie ihre Wanderschaft nach Hakeborn fort und übernachtete dort.

Am nächsten Tag ging sie, mit den Kleidern ihres Opfers angetan, nach Quedlinburg, stellte sich bei einer der Herrschaften vor, die sie zuvor abgewiesen hatte, und wurde prompt eingestellt.

Inzwischen hatte ein Schäfer am Morgen des 18. November das nackte tote Mädchen im Teich entdeckt und das Justizamt Egeln verständigt. Der herbeigeeilte Drescher Tacke erkannte in der Toten seine eigene Tochter. Und es bestand der dringende Verdacht, daß sie von der Fabian umgebracht worden war. Diese wurde daher steckbrieflich verfolgt und bereits am 21. November in Quedlinburg verhaftet. Sie gestand die Tat sofort ein und wurde kurz darauf dem Justizamt Egeln übergeben, das sofort die Kriminaluntersuchung aufnahm. Die Fabian gestand zwar die Mordtat ein, doch versuchte sie diese durch ihre bittere Armut zu entschuldigen, in der sie seit ihrer Kindheit gelebt hatte. Die Justizbehörden ließen sich nicht erweichen.

Die königliche Landesregierung und das Kriminalkollegium in Magdeburg gab im Juli 1801 ihr Urteil ab: Zerschmettern der Glieder mittelst Rades von unten auf, danach solle die Mörderin aufs Rad gelegt werden. Völlig gebrochen ergab sie sich in ihr Schicksal. Der König bestätigte das Todesurteil, und es wurde verfügt, daß die Vollstreckung am selben Ort stattfinden solle, an dem die Tat begangen worden war.

Daher wurde Marie Sophie Magdalene Fabian am 22. September 1801, nachdem auf dem Markt in Egeln das hochnotpeinliche Halsgericht über sie gehegt worden war, auf einem Wagen auf das Feld abseits des Weges nach Hackeborn gebracht, wo sie ihre Bekannte so scheußlich ermordet hatte, und dort vor einer ungeheuren Zuschauermenge mit dem Rad vom Leben zum Tode gerichtet, offiziell … Inoffiziell aber starb sie durch Erdrosseln mittelst einer Schlinge, denn Friedrich der Große hatte 1749 verfügt, daß alle zur Radstrafe Verurteilten vor der justitiell verordneten Knochenbrechung, von den Zuschauern unbemerkt, stranguliert werden sollten, um ihnen die gräßlichen Schmerzen zu ersparen.

Wolfgang Krüger

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