Der Krötenstein von Neustadt an der Orla – ein spätmittelalterlicher Schandstein

Im Lutherhaus von Neustadt an der Orla (ehemals im Stadtmuseum) findet man einen der seltenen, aber ehemals zahlreich in mittelalterlichen Städten vorhandenen Schandstein (z. B. Memmingen, 1396), den sogenannten Krötenstein. Eine Kopie hängt an der Nordfassade des Neustädter Rathauses. Der Krötenstein besteht aus hellem Sandstein, weist einen handgeschmiedeten eisernen Bügel auf und wiegt zirka 24 Kilogramm. Er stellt eine Kröte dar, die auf einem Brot hockt und deren Füße von zwei Schlangen umwunden sind, daher auch der Name „Krötenstein“. Neuerdings wird eine Sage daran geknüpft, die von einem reichen Bürger erzählt, der noch zu Lebzeiten Haus und Vermögen seinen Söhnen vermacht, mit der Option, der lebenslänglichen Zehrung durch dieselben. Die Söhne allerdings halten sich nicht an die Abmachung. Der Vater stirbt erbärmlich. Fortan aber erscheint auf jedem Brot der Söhne eine giftige Kröte.

Die Strafe des Steintragens war weit über die Grenzen Deutschlands verbreitet und wurde meist über Frauen verhängt. Dabei wurde der Schandstein (manchmal auch zwei an einer Kette verbundene Steine mit Reliefdarstellungen) der Rechtsbrecherin über die Schultern gehängt. Ein Schandstein, der im Germansichen Nationalmuseum Nürnberg zu sehen ist, hat die Form eines Hundes, aber auch Köpfe mit ausgestreckten Zungen sind verbürgt.

Der Name des Steins war regional unterschiedlich: Lasterstein von Lästern, „Bagstein“ von Zanken, Schandstein von Schande, Prangerstein und schließlich Krötenstein – das gesprochene Wort, also die Lästerung, war giftig wie eine Kröte.

Das Gewicht der Steine schwankte beträchtlich und lag zwischen 12,5 und 90 Kilogramm, weshalb auch in kleine und große Steine unterschieden wurde. Auch „hölzerne“ Steine sind überliefert. Der Schandstein von Zerbst in Sachsen-Anhalt trug zudem eine Inschrift: „Wer Lust zu Streit und Hader hat, der muß dies tragen durch die Stadt.“

In Memmingen sollte eine Frau, die jemanden mit Schelten mißhandelt oder anderem freventlichem Werk, den Lasterstain von einem Stadttor bis zum andern tragen. Eine Schweizer Ordnung schreibt für das Jahr 1526 folgendes vor: Ein jeder Ehebrecher, der zum ersten Mal in den Turm eingezogen wird, soll dort vier Wochen mit Wasser und Brot gespeißt werden. Aber an vier Sonntagen soll man ihn heraus lassen und er soll die zwei Lastersteine, die bei jeder Kirche hängen sollen, drei Mal um die Kirche tragen. In Solothurn sah eine Ordnung aus dem Jahr 1604 für lästerliche Schwörer für jeden falschen Schwur neben einer Geldstrafe auch das Küssen des Lastersteins vor. Und noch im 18. Jahrhundert sollten Kuppler und Kupplerinnen mit Anhängung des Lastersteins offentlich vorgeführt werden.

Die Strafe des Steintragens wurde in jüngerer Zeit durch das Tragen von Halsgeige oder Schandmaske ersetzt. Oft gingen all die genannten Strafen mit dem Stehen am Pranger oder einem prangerähnlichen Stein einher.

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