Belle Guinneß oder Gunness gilt als erste Serienmörderin der Neuzeit. Mit ihren 130 Kg Lebendgewicht ließ die Schwarze Witwe keinem ihrer Freier eine Chance. Sie wurde am 11. November 1859 in Norwegen geboren. 1883 lud ihre nach Chicago emigrierte Schwester Anna sie ein, zu ihr zu ziehen. Belle ergriff die Gelegenheit und wanderte in die Vereinigten Staaten aus.
Ihre Geschichte findet sich u. a. in dem höchst interessanten Werk von Erich Wulffen „Der Sexualverbrecher“ (1923), aus dem wir nun vollständig zitieren wollen:
„Bei der Massenmörderin von Laporte, Mrs. Guinneß, scheinen sich Geldgier und Mordlust assoziiert zu haben. Aus ihren Taten spricht ein entsetzlicher Sadismus. Belle Guinneß kam vor ein paar Jahren nach dem etwa 80 Km von Chicago entfernten Städtchen Laporte und kaufte eine sehr hübsch gelegene Farm. Die Frau war hübsch und konnte, wenn sie wollte, sehr leibenswürdig sein. Aber die freundschaftlichen Annäherungsversuche der Nachbarn wurden von ihr zurückgewiesen. kurz nach ihrer Ankunft starb ihr Mann plötzlich; er wurde mit eingeschlagener Schädeldecke aufgefunden, und die Frau behauptete, eine Fleischhackmaschine sei ihm von dem Küchenschrank auf den Kopf gefallen.
Schon der erste Mann der Frau war kurz vor ihrer zweiten Verheiratung auf ebenso geheimnisvolle Weis ein Chicago ums Leben gekommen, und die Frau hatte eine hohe Versicherungssumme erhalten. Die unheimliche Frau, die keinen Verkehr haben wollte, verließ ihr Anwesen nur, wenn sie nach der Post fuhr, um ihre Briefe abzuholen, und wenn sie männliche Gäste von der Eisenbahnstation holte, was recht häufig vorkam. Niemand sah diese Besucher wieder abreisen, aber kein Mensch kümmerte sich darum.
Da brannte das Wohnhaus der Witwe G. nieder (Anm. Kirchschlager: 28. April 1908), und in dem Keller der Ruinen fand man die Leichen einer Frau und dreier Kinder. Gleichzeitig kam ein junger Norweger auf der Suche nach seinem verschwundenen Bruder nach Laporte. Der Bruder hatte eine von Frau G. in einer Zeitung veröffentlichte Heiratsanzeige gelesen, sich mit ihr in Verbindung gesetzt, seinen Besitz verkauft und war mit dem Erlös nach Laporte gereist. Von dort hatte er ein- oder zweimal geschrieben und war dann verstummt. Auf anfragen erklärte Frau G., der Mann sei abgereist, ohne sein Ziel angegeben zu haben. Damit war die Familie nicht zufrieden.
In aller Eile unternommene Nachgrabungen förderten die Leiche des unglücklichen Norwegers zutage, zerstückelt und in einen alten Getreidesack gepackt. Nun forschte man weiter und fand innerhalb weniger Tage noch neun Leichen, die alle im Garten verscharrt waren. Weiter ergab sich, daß Frau G. eine ausgedehnte Korrespondenz mit Männern, meistens Norwegern, geführt hatte, die auf Grund ihrer Annoncen Lust zeigten, eine „hübsche Witwe mit einer Farm im Werte von fünfzehntausend Dollar“ zu heiraten.
Die Witwe konnte sehr liebenswürdige Briefe schreiben und verstand es, ihre Opfer anzulocken. Wie grimmiger Humor klingt es, wenn in fast allen Briefen der Satz wiederkehrt: „Kommen Sie nach Laporte; jedem, der hierherkommt, gefällt es so gut, daß er nie wieder fort will.“ Kein einziges der Opfer hat Laporte wieder verlassen; von jedem verlangte Frau G., daß ihr das Vermögen in barem Gelde gezeigt werde, und wenn sie sich des Geldes bemächtigt hatte, erfolgte der letzte Akt.
Die Frau war sehr groß und korpulent, aber nicht kräftig. In den Ruinen des niedergebrannten Hauses fand man die Überreste eines Zimmers, das doppelte Wände gehabt hatte. Der Zwischenraum war mit Sägemehl angefüllt; das Zimmer muß also gegen jedes Geräusch abgeschlossen gewesen sein. Hier, so vermutet man, beging die Frau ihre Bluttaten. Jedoch erscheint es ganz unmöglich, daß sie starke Männer ermorden konnte, und man nimmt an, daß sie ihre Opfer erst vergiftete und die Leichen dann zerstückelte. In jedem einzelnen Falle sind Kopf und Beine vom Rumpf getrennt.
Und diese Frau hatte dabei ein weiches Gemüt für Kinder, liebte ihre eigenen schwärmerisch und steuerte reichlich zu allen Veranstaltungen bei, die zum Besten armer Kinder abgehalten wurden! Wenige Tage vor dem Brande, der ihr Haus vernichtete, machte sie ihr Testament und bestimmte, ihr Vermögen solle ihren Kindern zufallen, falls diese aber vor ihr sterben sollten, einem Waisenhause in Chikago.
Unter den Trümmern entdeckte man die Leichen der drei kleinen Kinder der Mrs. G. und einen kopflosen Rumpf, den man für Mrs. G.`s Leiche hielt. Es ist aber zweifelhaft, ob die gefundenne Leiche Mr. G.s ist, und ob diese nicht sich ihrer Kinder durch Verbrennen entledigte, eine andere Frauenleiche verbrannte und entfloh, da sie eine Entdeckung ihrer Verbrechen befürchtete.
So hat sich auch herausgestellt, daß sie große Kisten aus Chikago zu erhalten pflegte; man glaubt, daß sie mit dortigen Mörderbanden in Verbindung stand, die ihr Leichen zur Verbergung zuschickten. Auch größere Geldsummen soll sie von Chikago erhalten haben. Das Weib galt als religiöse Fanatikerin. (Religiöse Verbrecherin!) Sie heuchelte große Liebe für Kinder und betete oft öffentlich für sie. Zuweilen hatte sie ein Dutzend der Kleinen in ihrer Obhut. (Altruismus als sexuelles Äquivalent!)
An der Stätte so vieler grausiger Verbrechen hatte sich ein lebhaftes Jahrmarktstreiben entwickelt. An 15000 Personen besuchten die Mordstätte täglich. Es fand ein reißender Verkauf von Reliquien von den gefundenen Leichen und der Mörderin statt. (Sadismus und Masochismus der Massen!)“
Quelle: Erich Wulffen: Der Sexualverbrecher. Berlin 1923, S. 491f.
Im Internet findet man ziemlich viele interessante Seiten und auch Fotos der Serienmörderin. In Laporte wurden den Opfern am 28. April 2008 Grabsteine gesetzt. Eine Forscherin versucht seitdem per DNA-Analyse festzustellen, ob der Rumpf zu Belle Gunness gehört, da nie die Gerüchte verstummen wollten, die Schwarze Witwe von Laporte hätte an anderen Orten weitergelebt – und gemordet!
Das Buch von Erich Wulffen „Der Sexualverbrecher“ (Berlin 1923) ist noch ab und an antiquarisch bei abebooks zu haben.