Die „Criminal-Bibliothek“ des Jodokus Temme (1798-1881)

In den Jahren 1867-1874 erschienen zahlreiche Bändchen kriminalhistorischen Hintergrundes, die in der „Criminal-Bibliothek. Merkwürdige Criminalprocesse aller Nationen.“ veröffentlicht und von Jodokus Temme herausgegeben wurden. Jodokus Donatus Hubertus Temme (geboren am 22.10.1798 in Lette, heute Oelde, Westfalen; gestorben am 14.11.1881 in Riesbach, heute Gem. Zürich) war ein deutscher Jurist und Schriftsteller. Als Sohn eines Klosteramtmannes katholisch erzogen, studierte er von 1814-17 Rechtswissenschaften in Münster und Göttingen, wurde Korpsstudent und begann wie die meisten konservativen Juristen eine Karriere in Preußen: 1833 Kreisjustizrat, 1839 zweiter Direktor am Berliner Kriminalgericht, 1844 Direktor des Land- und Stadtgerichtes in Tilsit, 1848 zunächst Staatsanwalt in Berlin, dann Direktor des Oberlandesgerichts Münster. 1848 wurde er Mitgleid der Preußischen Nationalversammlung, aber wegen seiner Proteste gegen deren Auflösung inhaftiert. Um Temmes Freilassung zu erzwingen, wurde eine Nachwahl veranlaßt. Dennoch wurde er wegen seines politischen Engagements 1851 aus dem preußischen Staatsdienst ohne Pensionsansprüche entlassen. Es begann eine Zeit großer schriftstellerischer Tätigkeit (1851/52 Redakteur der Neuen Oderzeitung) in Breslau. Doch aufgrund weiterer politischer Verfolgung ging er im Jahre 1852 nach Zürich in die Emigration, wo er eine bis 1861 unbesoldete Professur für Rechtswissenschaften antrat. Seine vielköpfige Familie ernährte er weiterhin mit literarischen Arbeiten (Kriminal- und Gesellschaftsromane) und seiner publizistischer Tätigkeit. Den Ruhestand verbrachte er ab 1878 in Tilsit. Nach dem Tod seiner Frau kehrte er nach Zürich zurück. Seine zahlreiche Kriminalerzählungen unter dem Pseudonym Heinrich Stahl, die zum großen Teil in Ernst Keils Familienzeitschrift Die Gartenlaube veröffentlicht wurden, gaben wichtige Anstöße für die Entwicklung der deutschsprachigen Kriminalliteratur.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/archive/2/2e/20120626151457!Hubertus_Temme.JPG/220px-Hubertus_Temme.JPGIn der Sammlung Kirchschlager, die ich seit dem Jahr 1995 aufbaue und die unsere Publikationen unterstützen soll, findet sich die vollständige „Criminal-Bibliothek“, die in vier Halbleinen-Bände gebunden ist.

Criminal-Bibliothek, Band I aus der Sammlung Kirchschlager

Die schönen Bändchen, allesamt mit zahlreichen Illustrationen ausgestattet, vereinigen nahezu alle bekannten Kriminalfälle der damaligen Zeit. Ob Serienmörder Dumollard, die giftige Geheimrätin Ursinus, die Wiedertäufer in Münster, Cartouche, Dombrowsky, Riembauer, der Mordbrenner Horst, Oppenheimer, Seeräuber Schwarzbart und sogar die Bean Family. Leider verschweigt Temme seine Quelle oder gibt nur kurze Hinweise. In den nächsten Beiträgen wollen wir einige herausragende Fälle vorstellen.

Die Abbildungen sind wunderschön. Hier das Porträt einer englischen Giftmischerin.Die zahlreichen Abbildungen entsprechen in ihrer künstlerischen Form dem Zeitgeist. Hier das gelungene Porträt der Christina Edmunds, einer englischen Giftmischerin.

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