Wenn der Henker im Todesauto nach Torgau kommt…

Auf meiner Suche nach kriminalhistorischen Quellen jeglichster Art stieß ich auch auf einen Zeitungsartikel der BILD vom Dienstag, dem 15. März 1977. Nun sollte man ganz quellenkritisch an den Sachverhalt herangehen (auf den Wahrheitsgehalt konnte ich ihn nicht überprüfen), ein Kuriosum stellt er allemal dar.

Der Text stammt von C. Christiansen und wurde unter dem thema des TagesHinrichtungen in der „DDR“ veröffentlicht.

Auf einem Lastwagen läßt Ost-Berlin seine Mörder köpfen

In der Todeszelle des „DDR“-Zuchthauses Torgau (Elbe) weckte kurz nach 2.30 Uhr früh der Aufseher, den alle den „groben Gottlieb“ nannten, den 20jährigen Mörder Rolf Albert: „Albert! Es ist soweit!“ Albert schlug wild um sich und schrie: „Hilfe! Rettet mich!“ Die Wärter schleppten ihn nach draußen – in einen Lastwagen. Sie verbanden ihm die Augen und fesselten ihn an eine senkrechte Wand im geschlossenen Lastwagen. Diese Wand wurde in die Waagerechte gekippt. Es war drei Uhr. Ein Mann im dunklen Anzug nickte. Der Motor heulte auf. Das Fallbeil sauste von der Decke und durchschlug Alberts Hals. Das Todesurteil war vollstreckt. Zum erstenmal enthüllt ein ehemaliger Häftling von drüben das blutige Sterben der „DDR“-Todeskandidaten in fahrbaren Hinrichtungsstätten. Wolfgang H. (37) saß 270 Tage lang in der Torgauer Todeszelle, weil er mehrere Gefängnisrevolten angezettelt hatte. Er wurde nicht zum Tode verurteilt, aber als großes Sicherheitsrisiko eingestuft. Wolfgang H.: „In diesen 270 Tagen wurden in Torgau etwa 18 bis 20 Menschen geköpft.“ Immer wenn abends gegen 23 Uhr der heulende Ton des luftgekühlten Lastwagenmotors zu hören war, wußten die Insassen: der Todeswagen kommt. Es war ein grüner Armeelastwagen vom Typ „G-5“, der in der Nähe des Wachhäuschens geparkt wurde.

Die zum Tode Verurteilten schlafen auf einer Pritsche mit Strohsack – höchstens 40 Nächte, bis das Urteil vollstreckt wird. Ihre Zellen liegen im Erdgeschoß – durch Stahlwände vom übrigen Trakt getrennt. Jede Todeszelle ist mit Stahlstäben vergittert. Davor sitzt ein Wärter, der mit vielen Spiegeln vier Häftlinge mit einem Blick beobachten kann. Vor dem Gang zum volkseigenen Schafott dürfen die Todeskandidaten keinen letzten Willen äußern. Es gibt auch keine Henkersmahlzeit und keinen Beistand eines Pafrrers. Paragraph 60 des „DDR“-Strafgesetzbuches erlaubt die Todesstrafe. Aber die einzelnen Fälle verschweigt das „DDR“-Regime seiner Bevölkerung. Meistens sind es Mörder, die unter dem Fallbeil sterben.

Der 20jährige Rolf Albert hatte bei Dresden ein 12jähriges Mädchen vergewaltigt und erwürgt. Rolf Czepernick (30) erstickte eine alte Frau mit einem Kissen. Paul Peißker versetzte als Vampir im Raum Gera junge Mädchen in Schrecken. Zuletzt biß er einer Schülerin in die Halsschlagader. Sie alle wurden im Lastwagen „G-5“ enthauptet. Neuerdings hat das „DDR“-Regime auch eine feste Hinrichtungsstätte in Torgau gebaut. Es ist eine Halle, die Verurteilten werden erschossen.

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