Schockierende Beschreibungen und keine leichte Kost – Rezension zu Brieffreundschaft mit einem Serienmörder

Das gesamte Buch über erzählt der Gefängnisinsasse mit großer Nüchternheit und Gefühlskälte von den Gräueltaten, die er zunächst an unzähligen Tieren und später an mehreren Frauen beging. Dabei scheint es, als würde der Mann nicht von seinen eigenen, sondern von Handlungen eines Unbekannten sprechen, die ihn eigentlich nichts angingen, so distanziert ist der Schreibstil. Die einzelnen Taten werden detailliert und ausführlich beschrieben und machen auch vor der Darstellung größter Grausamkeiten nicht Halt. Sind es anfangs noch bestialische Tierquälereien und Tiertötungen, die der Mörder begeht, kommen später schlimmster Missbrauch und pervertierte Morde an Frauen hinzu.

Die Autorin bietet dem mehrfachen Mörder eine große Bühne zur Selbstdarstellung. Der Briefwechsel pendelt zwischen dem Austausch langweiliger Floskeln wie zum Beispiel der Entschuldigung der Autorin, den Geburtstag des Mörders vergessen zu haben, und den Schilderungen des Täters, der von Verbrechen schreibt, die sich jeder Vorstellungskraft entziehen und in ihrer Abartigkeit einfach schockierend sind.

Bereits der Einband macht klar, dass es sich hier nicht um ein nüchternes Buch zur Täteranalyse handelt, sondern um ein Werk, welches von einem reißerischen Höhepunkt zum nächsten springt. Die Vorderseite des Einbandes gibt einen der Briefe des Serienmörders wieder, in dem er sein übliches Tatvorgehen beschreibt, wobei auch die Folterung des Opfers bereits an dieser prominenten Stelle geschildert wird. Dazu hat der Verlag noch den Hinweis „Ein Buch, das erschüttert!“ aufgebracht, um wirklich alle blutlüsternen Leser anzusprechen. Falls sich potentielle Leser und Leserinnen nicht allein durch die Beschreibung von abartigen Grausamkeiten und Folterungen fesseln lassen, wird ihnen vom Verlag auf der Rückseite des Einbandes noch ein wenig Melodramatik zugestanden: Hier wird auf den zweiten Aspekt des Buches vorgegriffen, indem auf die traurige Kindheit, die aus dem armen Bub einen perversen Mörder gemacht hat, eingegangen wird.

Das Buch behauptet von sich selbst, wissenschaftlich zu sein, um mit dem damit verbundenen Versprechen von Wahrhaftigkeit Leser anzulocken. Dabei handelt es sich allerdings um Pseudowissenschaft auf Niveau eines Boulevard-Blatts. Es geht bei diesem Buch mit Sicherheit nicht um Erkenntnisgewinn, sondern nur um das sensationslüsterne Ausschlachten einer schwer gescheiterten Existenz mit dem Zweck, möglichst viele Leser anzuziehen. Daran kann auch die kurze Literaturliste mit wissenschaftlichen Werken im Anhang nichts ändern, zumal im Text auf diese Werke nicht weiter Bezug genommen wird. Hinzu kommt noch die fehlerhafte Benutzung von Fachausdrücken durch die Autorin, wie zum Beispiel beim „luziden Träumen“.

Die Selbstrechtfertigung des Buches, es könne durch seine Beschreibungen der Kindheit und der Taten des Mörders helfen, künftige Verbrechen solcher Art zu vermeiden, ist lediglich Makulatur. Es gibt in der echten Wissenschaft genügend Täteranalysen; der Einfluss einer schweren Kindheit auf spätere Gewalttäter ist hinlänglich bekannt, so sehr, dass er vor Gericht ja auch als Strafmilderungsgrund angesehen wird. Dieses Buch leistet in dieser Hinsicht mit Sicherheit keinen weiteren Beitrag.

Diese Rezension stammt von Laura Wasiluk – www.media-mania.de.

Dieser Beitrag wurde unter Buchvorstellungen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.