Ab und an treten Leserinnen und Leser, aber auch Studierende mit der Frage an mich heran, ob ich nicht wüßte, wo man „etwas“ über Henkersmahlzeiten nachlesen könnte. In obigem Werk kann man das!
Höchst amüsant geschrieben, mit Rezepten und zeitgenössischen Fotos versehen, verspricht das 132seitige Buch einen höchst genüßlichen Leseabend! Bartholomäus Ratzenhammer, geboren 1860 als drittes uneheliches Kind der Pfarrersköchin Theobalda Ratzenhammer, war der letzte königlich bayrische Scharfrichter. Siebzehnmal wurde der Gourmet zwischen 1901 und 1925 als Henker in Anspruch genommen. Da Ratzenhammer sowohl die Namen der Delinquenten als auch die Daten der Henkersmahlzeiten penibel notierte, war es dem Autor möglich, den Recherchen zum Buch auch einen Lebensabriß der Delinquenten anzufügen. Der Sternekoch Herbert Hintner setzte die Menüs in moderne Form um, so daß man getrost ans Nachkochen der herrlichen Henkersmahlzeiten gehen kann.
Die Geschichten sind sehr skurril und haben mir mehr als einmal Tränen in die Augen getrieben. Mit einem Delinquenten gab es ein langes Hin und Her über die Henkersmahlzeit, so daß Ratzenhammer schon verzweifelt ausrief: „Also dann köpf`ich Sie lieber gar nicht, bevor ich noch lang diskutiere.“ Da lenkte der Delinquent ein: „Was würden Sie vorschlagen, wenn Sie Ihren besten Freund köpfen sollten?“ Ratzenhammer dachte nicht lange nach und schlug vor: Einmachsuppe mit Hühnerleber, abgeschmolzener Spargel mit Kartoffeln, faschierter Schweinebraten mit Blutsoße und Maisbrei sowie Münchner Trockenobst. Übrigends: Ratzenhammer kochte die Menüs für seine Delinquenten selbst. Glücklicherweise fanden sich seine Aufzeichnungen auf einem Gerichtsdachboden…
Zum Autor: Herbert Rosendorfer wurde am 19. Februar 1934 in Gries / Bozen geboren. Jurastudium, 1967 Amtsrichter in München, seit 1990 Honorarprofessor für Bayerische Literaturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ab 1993 Richter am Oberlandesgericht Naumburg an der Saale, 1997 Pensionierung, lebt in Eppan in Südtirol.
Herbert Rosendorfer verfaßte zahlreiche Werke, wie Romane und Erzählungen, Theaterstücke, Fernsehspiele, historische Werke, Abhandlungen zur Musik, Reiseführer sowie Kompositionen und Gemälde. Rosendorfer ist ein Kritiker der Rechtschreibreform von 1996. Er unterzeichnete auf der Basis der Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform von 1996 mit anderen im Jahre 2004 den Frankfurter Appell zur Rechtschreibreform. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen.
Das Buch ist eine klare Empfehlung!