Aberglauben und Verbrechen – Vampire, Vampyrs und schmatzende Tote – Vampirglaube – Teil 4

Zum Schluß wollen wir noch einen eigenartigen Fall aus Rußland anführen, wo der Vampirglaube auch ein Menschenleben zum Opfer gefordert hat.

Im Jahre 1905 wurde aus Odessa über die Ermordung eines russischen Dorfpriesters in der Krim berichtet. Da eine große Trockenheit die Ernte vernichtete, schob man im Volke dieses Unglück auf den Tod eines alten Mannes, den man für einen ?Opyr? oder Zauberer hielt, denn seit seiner Beerdigung war kein Regen gefallen. Nun herrscht ein Aberglaube unter dem Volk, daß der Geist des Zauberers besänftigt werden müsse, und zwar muß man zu diesem Zweck seine Gebeine um Mitternacht ausgraben, ein Pope muß sie mit heiligem Wasser besprengen, und dann werden sie wieder in das Grab gelegt. An einem Sonntag zogen deshalb die Dorfbewohner nach dem Kirchhofe in einer langen Prozession. Knaben und Mädchen, die Fackeln trugen, an der Spitze, dann Geiger und Flötenspieler, die Trauerlieder spielten.

Der Leichnam des Zauberers wurde ausgegraben, in sitzender Stellung gegen den Baum gelegt, und nun führten bei der Musik der Dorfmusikanten vierzig bis fünfzig Bauern einen seltsamen Tanz um den Leichnam aus. Doch plötzlich erschien mitten unter den Tanzenden der Dorfpope Vater Konstantin und die Bauern jubelten ihm freudig zu, weil sie meinten, er wolle den Leichnam mit Weihwasser besprengen und ihrem Brauch dadurch die rechte Wirksamkeit verleihen. Doch der Priester schalt sie wegen ihrer gotteslästerlichen Barbarei, verfluchte ihren Aberglauben und weigerte sich, bei so sündigen und heidnischen Zeremonien mitzuwirken. Nun wurden die Bauern, die wohl auch schon etwas angetrunken und durch die Musik und den Tanz seltsam erregt waren, von Wut gegen ihren Priester erfüllt und schrieen, er sei der eigentliche Zauberer, denn der Geist des Toten sei in seinen Körper gefahren und richte neues Unheil an. Die fanatische Menge ergriff den Priester und stieß ihn in das geöffnete Grab hinein, dann warf man die Leiche nach und schüttete Erde und Steine darüber.

Am folgenden Tage schickte der von zwei Frauen benachrichtigte Polizeikommissar Leute nach dem Friedhof, die den aufgeschütteten Hügel wieder aufgruben, aber nur noch den Leichnam des Popen vorfanden; der Tod war durch Erstickung erfolgt.

Solche Fälle sind zum Glück sehr selten, wenigstens ist mir kein analoger bekannt.

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