Aus Ungarn wurde im Jahre 1903 folgendes berichtet: In Abdrudbanya war eine alte Frau, die bei der rumänischen Landbevölkerung in dem Rufe einer Hexe stand, gestorben. Um zu verhindern, „daß das Herz der Hexe in Gestalt eines Vampirs wiederkehre und die Menschen heimsuche“, wurde zu dem altbewährten Mittel des Herzstiches gegriffen. Ein glühend gemachter Drahtspieß wurde durch das Herz gestochen, die Mundhöhle der Toten mit Hufenstollen und kleineren Eisenstücken ausgefüllt und die Leiche schließlich mit dem Rücken nach oben in den Sarg gelegt. Die Behörde erhielt erst nach der Beerdigung von dem Unfug Kenntnis und leitete gegen die Täter eine strenge Untersuchung ein.
Ein anderer Fall wurde im Jahre 1897 aus einem rumänischen Dorfe Südungarn berichtet, wo ein gewisser Nikola Gersin seine Frau zu Tode quälte. Schreckliche Gewissensbisse peinigten ihn; nachts glaubte er sich vom Geiste seiner Frau verfolgt und gewürgt. Da dang er drei rumänische Bauern um Geld und Branntwein, sie sollten das Grab seiner Frau öffnen, ein Stück ihres Gewandes verbrennen und den Leichnam zerstückeln. So geschah es auch.
Manhardt berichtet uns aus dem Osten Deutschlands verschiedene ähnliche Fälle.
Auf einen derartigen Aberglauben geht vermutlich auch die Durchlochung des Schädels zurück, der im Breslauer Altertumsmuseum aufbewahrt wird. Dieser Schädel war in der Gegend von Dyhernfurth aufgefunden und durch einen zwölf Zoll langen Nagel durchbohrt. Ich möchte hier nur einen aktenmäßigen Fall erwähnen, der im Jahre 1900 aus Pommern berichtet wurde.
Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts starb im östlichen Teil der Provinz Pommern ein uneheliches, noch nicht ein Jahr altes Kind, darauf auch die Mutter. Kaum war sie begraben, als auch ihre Schwester, die im selben Hause wohnte, auf den Tod erkrankte. Vermutlich wird es sich um eine ansteckende Krankheit gehandelt haben, doch sind darüber keinerlei Ermittlungen angestellt. Die übrigen Familienmitglieder kamen in einem Familienrat zu der Ansicht, das verstorbene uneheliche Kind müsse ein Vampir gewesen sein. Um von ihm nicht auch noch „nachgezogen“ zu werden, beschloß man auf Anraten des Großvaters des Kindes, dieses unschädlich zu machen. Drei männliche Familienmitglieder begaben sich nachts auf den Kirchhof, gruben den Sarg aus, öffneten ihn und trennten mit einem Spaten den Kopf des Kindes von dem Rumpfe. Die dabei zutage tretende Flüssigkeit wurde zum Teil aufgefangen und mitgenommen. Nach Vollendung des schaurigen Werkes wurde das Grab wieder hergestellt. Von dieser ekelerregenden Flüssigkeit wurde der immer noch schwerkranken Tante des Kindes etwas eingeflößt. Da nun diese trotzdem genas, waren natürlich alle davon überzeugt, daß das Mittel geholfen habe, und so kam es, daß die Sache ruchbar wurde.
Diese wenigen Fälle, die sich leicht um das Zehnfache vermehren ließen, müssen zum Nachweis genügen, daß der Vampirglaube auch für den modernen Kriminalisten noch von praktischer Bedeutung werden kann.