Aberglauben und Verbrechen – Vampire, Vampyrs und schmatzende Tote – Vampirglaube – Teil 2

Löwenstimm berichtet eine große Anzahl derartiger Leichenschändungen aus Rußland. Im August 1862 wurde im Couvernement Kowno der Leichnam einer Bäuerin gefunden, die sich erhängt hatte. Der orthodoxe Priester verweigerte die Beerdigung und wollte auch nicht die Glocken läuten lassen, weil die Seele eines Selbstmörders dem Teufel verfallen sei. Die Söhne der Verstorbenen waren davon überzeugt, daß ihre Mutter im Grabe keine Ruhe finden und in der Welt umherziehen werden, weil sie ohne Abendmahl und Kirchensegen verschieden sei, und entschlossen sich, der Leiche den Kopf abzuhacken und ihn ihr zu Füßen zu legen.

Ein anderer Fall trug sich im Jahre 1893 im Couvernement Pensa zu. Das Grab einer Hexe wurde geöffnet, der Leichnam mit einem Eschenpfahl durchbohrt und das Grab wieder geschlossen. Es ergab sich bei der gerichtlichen Untersuchung, daß das Verbrechen nach förmlichem Beschluss der Dorfversammlung von allen Bauern gemeinsam verübt war, weil man auf diese Weise glaubte, einer ansteckenden Krankheit, deren Ursache man in dem Treiben eines Vampirs sah, Einhalt gebieten zu können. Von dem Gerichtshofe zu Kasan wurden zwölf Mann zu Gefängnisstrafen und zur Einreihung in die Korrektions-Arrestantenabteilung auf ein und ein drittel Jahr verurteilt; doch beschloß der Gerichtshof im Hinblick auf die äußerst geringe geistige Entwicklung der Beschuldigten und weil sie das Verbrechen nur unter dem Einfluß des Aberglaubens und zur Rettung ihres eigenen Lebens und des Lebens ihrer Hausgenossen verübt hatten, im Gnadenwege die Umwandlung dieser Strafe in Polizeiarrest von je einem Monat zu befürworten.

Ähnliche Fälle wurden kürzlich erst aus Ungarn berichtet.

Inder Gemeinde Pecs starb vor einiger Zeit, wie ungarische Blätter melden, der 19jährige Bauernbursche T. Kapeczan an Lungentuberkulose. Nach der Beerdigung verbreitete sich das Gerücht, daß Kapeczan keines natürlichen Todes gestorben sei, worauf von der Behörde die Exhumierung der Leiche angeordnet wurde. Als man den Sarg öffnete, bot sich der behördlichen Kommission ein schrecklicher Anblick dar. Mitten durch das Herz der Leiche, durch den Kopf und die Füße waren etwa 25 cm lange Nägel getrieben, die den Leichnam an den Boden des Sarges hefteten. Die Nägel waren mit derartiger Wucht eingeschlagen worden, daß der Schädel des Verstorbenen total zertrümmert war. Als dieser Untat dringend verdächtig wurden die Mutter und ein Bruder des Verstorbenen verhaftet, die nach längeren Leugnen gestanden, die Leiche in der oben beschriebenen Weise im Sarg angenagelt zu haben, damit die Seele des Verstorbenen nicht mehr nach Hause zurückkehren könne. Die Obduktion ergab, daß Kapeczan tatsächlich an Lungentuberkulose gestorben war. Die Verhafteten wurden dem Gericht eingeliefert.

In der Gemeinde Korbesz war der Landwirt Georg Tripa an Lungenentzündung gestorben. Er wurde begraben, aber schon in der nächsten Woche begann man im Dorfe sich zuzuraunen, daß die Seele des Dahingeschiedenen zurückkehre. Es fanden sich sogar Leute, die die Seele auf ihrem Fluge in das Dorf gesehen haben und auch wissen wollten, daß die Seele in verschiedene Ställe fliege, um dort die Kühe zu verhexen. Die Dorfbevölkerung hielt nun eine förmliche Beratung, und es wurde beschlossen, dem Zauber ein Ende zu machen. In der Nacht zogen sie mit Lampen und Schaufeln bewaffnet auf den Friedhof, gruben die Leiche aus, schnitten das Herz aus dem Leichnam, stachen es mit einer Mistgabel auf und verbrannten es. Die Behörden haben gegen die Dorfbewohner die strafgerichtliche Untersuchung eingeleitet. Fortsetzung folgt!

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