Die französischen Bagnos – Teil 3

„Einen Theil des Tages arbeiten sie unter freiem Himmel mit freien Arbeitern. So schwer dieselbe immer sein mag, diese Anstrengung ist ihnen gesundheitsdienlich; am Abend aber schließt man sie in diesen traurigen Sälen ein. Die Nacht über sind sie mittelst einer eisernen Stange einer gegen den andern an ein hölzernes Bett angeschlossen, so daß sie keine einzige Bewegung machen können. Indeß bleibt noch eine letzte Vorsichtsmaßregel zu ergreifen, um die Flucht noch schwieriger zu machen: die Galeerensklaven tragen alle an den Füßen Eisen und sie sind mit einer Kette von etwa drei Fuß Länge paarweise an einander geschmiedet. Unsere Zeichnung, welche die Einschmiedung darstellt, bedarf keiner Erklärung; die Schmiede sind ebenfalls Galeerensklaven.“

Die Einschmiedung.

Die Prüfung der Kette.

Die Arbeiten.

„Am Tage der Ankunft werden die Sträflinge noch nicht paarweise zusammengekettet; man begnügt sich ihnen einen Ring um den Fuß zu legen und führt sie in den Saal, den sie bis zum Ablauf ihrer Strafzeit bewohnen sollen. Dort bleiben sie gewöhnlich drei Tage und arbeiten inzwischen nicht nur, sondern man giebt ihnen sogar reichlichere und nahrhaftere Kost. Erst wenn man glaubt, daß sie sich von den Beschwerden der Reise erholt haben, schmiedet man sie zusammen und nöthigt sie nun zu arbeiten. Da der Ring, an welchen sie nicht gewöhnt sind, sie drückt, so suchen sie sich ein Stück Leinwand oder Tuch zu verschaffen, um denselben zu füttern und ihre Füße vor einer schmerzlichen Reibung zu schützen. Unter den drei Tausend Galeerensklaven der Bagnos von Brest und Toulon haben alle Classen der Gesellschaft ihre Vertreter. Man findet dort Landeigenthümer, Kaufleute, Aerzte, Notare, Advocaten, Fabrikanten, Handwerker, Bauern und Soldaten. Alle diese Sträflinge sind unter einander gemischt und in dieselben Säle vertheilt, denselben Vorgesetzten, derselben Ordnung, denselben Belohnungen, denselben Arbeiten, derselben Bewachung unterworfen; alle sind zu Zwangsarbeiten verurtheilt. Die rücksichtsloseste Gleichheit herrscht in dem Bagno. Ihre frühere gesellschaftliche Stellung, ihre Gewohnheiten, ihr Vermögen, ihre Familie, ihre Talente, ihre Körperbeschaffenheit mögen sein welche sie wollen: so lange sie sich wohlbefinden, gehen sie ohne Unterschied in die Magazine und auf die Bauplätze des Zeughauses oder zu Ausgrabungen oder auf Schiffe, welche ausgerüstet oder abgetakelt werden sollen; dort werden sie nach ihren Fähigkeiten und ihren Kräften verwendet. Im Winter hören sie um 4 1/2 Uhr auf zu arbeiten. Auf einen Kanonenschuß werden alle Galeerensklaven in den Bagno zurückgeführt und können dann vor dem folgenden Morgen die ihnen angewiesenen Säle nicht mehr verlassen. Die Nothwendigkeit, die vollkommenste Ordnung zu halten, um dadurch die Sträflinge von bösen Gedanken oder gefährlichen Plänen abzulenken, welche sie während der Stunden der Unthätigkeit machen könnten, sowie vielfach andre Gründe, welche wir hier nicht erst aufzuzählen brauchen, haben die Behörden von frühester Zeit an veranlaßt, den Galeerensklaven die Möglichkeit zu geben, sich mit kleinen Handarbeiten zu beschäftigen, welche sie an den freien Abenden verfertigen. Sobald sie in ihren Saal kommen, gehen sie an diese Arbeiten und die Einen schneiden Tabaksdosen oder andere Sachen; Andere drechseln, lesen, schreiben, copiren Noten; wieder andere machen Briefe oder Bittschriften für ihre des Schreibens unkundigen Kameraden oder für sich selber, und diese zahlreichen und mannigfaltigen Beschäftigungen haben die glücklichsten Erfolge, sagt Herr Benuste-Gleizes, Director des Bagnos zu Brest, in seinem interessanten Bericht über den gegenwärtigen Zustand der Bagnos in Frankreich. Erstens finden die Sträflinge darin ein Mittel durch kleinere Verdienste ihre traurige Lage zu verbessern; zweitens ist dadurch im Bagno Ruhe und dies ist von der größten Wichtigkeit. Die Galeerensklaven, welche arbeiten dürfen, sind unendlich unterwürfig, weil sie recht wohl wissen, daß die Strafe des geringsten Ungehorsams, der mindesten Verletzung der Ordnung und der Ruhe, welche in den Sälen herrschen soll, die Entziehung dieser Erlaubnis sein würde. Auf das Zeichen einer Pfeife hören alle Sträflinge mit ihrer Arbeit auf, nachher spricht man das Abendgebet und sie strecken sich auf den schmalen Antheil an der Pritsche, die ihnen als Bett dient. Um sich vor der Kälte zu schützen, haben sie blos eine Decke. Nachdem sie sich an ihren Stellen hingelegt haben, fesselt man sie mit einer Eisenstange, welche durch die Ringe ihrer Ketten geht, noch einmal alle an einander; die Nacht über gehen die Wachtposten in dem Schlafsaale auf und ab, um darauf zu sehen, daß diejenigen, welche nicht schlafen, vollkommen ruhig und still liegen, und um jeden Versuch zur Unordnung augenblicklich zu unterdrücken. Am Morgen öffnen sich die Bagnos auf einen Kanonenschuß; die Wachtposten nehmen die Eisenstange ab, und nachdem die Sträflinge aufgestanden sind, rollen sie ihre Decken zusammen und gehen dann auf die Arbeit.“

Das Bartscheren.

Dieser Beitrag wurde unter Rechtsgeschichte, Sammlung Kirchschlager veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.