Neuausgabe im Jubiläumsjahr: Mörder / Räuber / Menschenfresser

MÖRDER / RÄUBER / MENSCHENFRESSER

Die erste und wahrscheinlich einmalige Auflage dieses Klassikers der ›Kriminalliteratur‹ erschien 1786 in Bornholm in zwei Bänden unter dem Titel Nachrichten von merkwürdigen Verbrechern in Deutschland. Die Herausgeber blieben anonym und konnten nicht ermittelt werden. Sie dürften aber Juristen gewesen sein und standen den Ideen des Thomasius und der Aufklärung nahe, hier besonders denen Voltaires. Ihre Quellen schöpften sie aus Gerichtsakten, Monographien und Chroniken. Noch im 19. Jahrhundert zählte das Buch zu der empfohlenen Handliteratur für den Polizeimann.


Friedrich Christian Benedict Avé-Lallemant schrieb in seinem fundamentalen Werk Das deutsche Gaunertum (nach der Ausgabe München/Berlin 1914, Band I., S. 225) darüber: »Dieses recht interessante und mit Beruf aufgeschriebene Werk gibt nach alphabetischer Namensordnung eine ziemlich bedeutende Anzahl kurzer Verbrecherbiographien aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, teils nach gedruckten, teils nach ungedruckten Akten, und ist namentlich in historischer Hinsicht eine recht glückliche Ausfüllung mancher Lücke. Neben den meisten schon oben angeführten Gaunerprozessen werden noch anziehende Mitteilungen, z. B. über den Alchimisten Cajetan, Salamon Jacob, Käsebier u. a. gegeben, wodurch das Buch jedenfalls eine Stelle in der Gaunerliteratur verdient.« Die Herausgeber lehnten die Todesstrafe teilweise ab und sprachen sich gegen die unmenschliche Tortur, besonders das Liegen in den Trögen, aus. Hexenglauben und Hostienschändung hielten sie für Aberglauben. Trotz ihrer aufgeklärten Gesinnung unterlagen die Autoren hier und da verständlicherweise dem Zeitgeist. Sie waren absolut obrigkeitshörig bzw. zählten selbst zur Obrigkeit, wie die Biographie Thomas Müntzers zeigt.

Diese leicht gekürzte Sammlung von Biographien und Merkwürdigkeiten deutscher und einiger ausländischer Verbrecher stellt eine interessante Quelle zur Kriminal- und damit Kulturgeschichte des Verbrechens vergangener Jahrhunderte dar. Das Spektrum der beschriebenen Verbrecher reicht von der fürstlichen Ehebrecherin, Giftmörderin, Kindesmörderin, Hexen, gemeinen Mördern, Hochstaplern und Kannibalen bis zu korrupten Beamten und Politikern, Räuberbanden und Wahnsinnigen.

Die Sprache des 18. Jahrhunderts wurde des besseren Verständnisses wegen bearbeitet. Das gleiche gilt für die Zeichensetzung und Interpunktion. Worterläuterungen, Übersetzungen, Lebens- oder Regierungsdaten bedeutender Herrscher und Auflösungen christlicher Fest- und Feiertage stehen kursiv in Klammern gleich hinter dem zu erklärenden Wort. Auf umfassendere Erläuterungen, wie z. B. Artikel aus der ›Carolina‹, der Peinlichen Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V., die jeweils am Schluß einer Biographie stehen, wird zusätzlich mit einem * hingewiesen. Bei kleineren Orten wurden nähere geographische Angaben gemacht. Das alles verhindert einen zu großen Anmerkungsapparat und erleichtert das flüssige Lesen. Zahlreiche Abbildungen, die neu beigefügt wurden, illustrieren das Buch in einzigartiger Weise.

Softcover, 262 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-934277-54-0, Preis: 13,95 Euro

Michael Kirchschlager, im Februar 2015

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