Für den nunmehr dritten Thüringer Mord-Pitaval wertete der Verfasser zahlreiche Akten des Landesarchivs Thüringen und einiger Stadtarchive aus. Er wählte 18 besonders spektakuläre Mordfälle vornehmlich aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen aus, die von Zeitgenossen nicht selten als sensationelle Ereignisse wahrgenommen und in den Gerichtssälen mit Spannung verfolgt wurden. Die Hauptverhandlungen zu den Schwerstverbrechen gerieten oft über die Grenzen Thüringens hinaus zu bedeutenden Medienereignissen, die die Gemüter der Prozeßbeobachter erregten.
Beim Lesen der Dokumente über an Grausamkeit kaum zu überbietenden Mordtaten, erging es dem Verfasser wie vielen Menschen, die damals in Scharen die öffentlichen Gerichtsverhandlungen besuchten und denen bei Schilderungen der Verbrechen, manchmal sogar direkt aus dem Mund des Mörders, ein Schauer über den Rücken lief. Meistens jedoch mußte die Wahrheit mühselig ermittelt werden. Das Geständnis war dabei aber immer die „Königin der Beweismittel“, wie in einem ZDF-Beitrag über die Kriminalgeschichte in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts so treffend gesagt wurde.
Waren es tatsächlich die „Goldenen Zwanziger“ oder gab es eine Kehrseite der Medaille? In dieser Zeit häuften sich Kapitalverbrechen.
Im dritten Band des Thüringer Mord-Pitavals werden diese Verbrechen in einer äußerst widersprüchlichen Zeit deutscher Geschichte nicht nur beschrieben, sondern wird auch den gesellschaftlichen Ursachen, der Psyche sowie den Motiven der Täter nachgegangen und gleichwohl den bedauerlichen Opfern eine Stimme gegeben.
Viele Menschen hatten das Grauen des I. Weltkrieges erlebt, ihre Gesundheit verloren. Soldaten kamen versehrt von den Schlachtfeldern zurück, wo es für Empathie kaum Platz gab, ja Töten wurde zur Überlebensstrategie des Soldaten im Schützengraben. Die Umstände des täglichen Abschlachtens hinterließen auch bei Thüringern tiefe seelische Spuren. Sie hatten Angehörige verloren, waren traumatisiert und verinnerlichten ein gefährliches Verständnis von Gewalt. Vornehmlich durch Massenarbeitslosigkeit nahmen soziale Unterschiede exorbitant zu. Während viele vor allem in der Nachkriegszeit und in Zeiten der Weltwirtschaftskrise nur dank Suppenküchen für Arme nicht verhungerten, und täglich im ständigen Überlebenskampf standen, lebten Vermögende oft in „Saus und Braus“, ließen zum Beispiel die prüden Moralvorstellungen der „Wilhelminischen Kaiserzeit“ fallen und feierten ausschweifend. Nach Jahren der Kriegsschrecken und Entbehrungen wollten viele Menschen nun das Leben in vollen Zügen auskosten, auch jene die nun glaubten durch Verbrechen an diesem neuen glamourösen Leben teilhaben zu können. In dieser Zeit der tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbrüche und Kontraste stieg nicht nur die Zahl der Raubmorde.
In diesem reich bebilderten Band werden zudem Beziehungstaten geschildert, wie der perfide Doppelmord in Rabis, der Revierförstertotschlag auf dem Rathsfeld, eine Strangulation wegen vorgetäuschter Schwangerschaft und ein Mord zur Befriedigung der Geschlechtslust. Auch erfährt die Leserschaft von einem Justizirrtum, der sich zu einem Justizmord entwickelte, einem Richter der selbst zum Massenmörder wurde, einem hohen Kriminalbeamten, der eine Frau erhängte und von einer im Wahn mordenden Frau.
In der Zeit der Weimarer Republik wurden zahlreiche Mörder für ihre Verbrechen zum Tode verurteilt und danach zu lebenslänglicher Zuchthaushaft begnadigt, die zumindest den Tätern die Option offen hielt, irgendwann wieder das Licht der Freiheit zu sehen.
Deren weiteres Schicksal ist der Öffentlichkeit meist im Verborgenen geblieben. Auch gab es dazu oft keinen Hinweis in den Gerichtsakten der thüringischen Archive. Durch umfassende Recherchen in verschiedenen Institutionen Deutschlands und des Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution, konnte der Verfasser deren Todesumstände oder weiteres Schicksal, zum Beispiel im Fall des zweifachen Mörders Albert Kellner nach 100 Jahren Ungewißheit, ermitteln.