Frank Esche: Der Oberreichenauer Serienbeilmörder Franz Bernhard Schlörr in Gera und Triebes

Aus: Thüringer Mord-Pitaval Band I

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können! Nur in Gedanken fragten sich viele Prozeßbeobachter: Sieht der Mensch wohl wie ein Mörder aus?, als Bernhard Schlörr aus Oberreichenau am Freitag, dem 1. Oktober 1875 den Weimarer Schwurgerichtsaal betrat.

Was war geschehen? Im Oktober 1874 wurde zuerst die reußische Stadt Gera in größte Aufregung versetzt. Im Handumdrehen verbreitete sich die Nachricht über den Mord an der verwitweten Lederhändlerin Christiane Anders in ihrem Laden in der Schloßstraße Nr. 12. Die am 4. Oktober in einer Blutlache aufgefundene bejahrte Besitzerin des Grundstücks, war wie spätere Ermittlungen ergaben, bereits abends zuvor mit einem wuchtigen schneidenden Instrument umgebracht worden. Der Kopf, der neben dem Ladentisch aufgefundenen wurde, war mit einem Beil derart zertrümmert worden, daß er bei der späteren Sektion völlig auseinander fiel. Außer diesen, ohne Zweifel tödlichen Wunden am Kopf, ließen sich noch zwei tiefe Schnittwunden am Hals und ein in der linken Brust steckendes Messer, welches aus dem Haushalt der Anders stammte, ermitteln. Die Tiefe des mit großer Wucht ausgeführten Stiches betrug 16 Zentimeter.

Über den Mörder konnten zunächst kaum Erkenntnisse gewonnen werden. Während sich die Aufregung über den Mord in Gera noch nicht gelegt hatte, geschah in der nicht weit entfernten Stadt Triebes ebenfalls etwas Unfaßbares.

Am 18. Oktober 1874 verbreitete sich die Nachricht, daß der dortige Gastwirt Dietzel unter ähnlichen Umständen wie die Lederhändlerin in Gera ums Leben gekommen sei. Die Ermittlungen ergaben Folgendes:

Die Dietzel’schen Eheleute waren am Abend der Tat eben in Begriff zu Bett zu gehen, als noch ein junger Mann mittlerer Größe eintrat und um etwas Essen und Trinken bat. Während sich der Wirt mit dem Fremden unterhielt, ging dessen Ehefrau zu Bett. Nachdem sie wiederholt das Bett verlassen und gehorcht hatte, ob ihr Mann noch im Gespräch mit dem Fremden sei, hörte sie endlich gegen ein Uhr nachts den Fremden weggehen und begab sich nun zur Wirtsstube, um nach ihrem Mann zu sehen und denselben zum Schlafengehen aufzufordern. Als sie in das Zimmer trat, sah sie ihren Mann am Boden liegen. Fast gelähmt vor Schreck eilte sie ins Schlafzimmer zurück und rief zum Fenster hinaus laut um Hilfe. Die herbeigeeilten Nachbarn fanden den Wirt erschlagen im Blut liegend vor. Der Kopf, ganz in ähnlicher Weise wie bei der Wittwe Anders, war augenscheinlich mit einem Beile zertrümmert worden. Auch fand man den Hals vollständig bis auf den Wirbelknochen durchschlagen. Die durch die herbeigerufenen Polizeibeamten eingeleitete Untersuchung ergab zunächst auch keinen Hinweis auf die mögliche Täterschaft, zumal Frau Dietzel nicht im Stande war, über die Persönlichkeit des Mörders Angaben zu machen. Durch die Aufmerksamkeit des Gräfenbrücker Bürgermeisters Taute konnte der Mörder überraschend vor der Begehung eines weiteren Mordes überführt und zum Tode verurteilt werden. Das Urteil wurde, nachdem Schlörr keine Revision anstrebte und auch kein Gnadengesuch stellte, rechtskräftig. Schließlich genehmigte der Fürst von Reuß j. L. die Vollziehung des Urteils, daß am 22. Oktober 1875, frühs 7.00 Uhr, in Gera durch den Saalfelder Scharfrichter Karl Hübner vollstreckt wurde.

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