Bevor wir mit der Schilderung der Exekution an Franz Laubler beginnen, stellen wir einige biographische Bemerkungen zum Mörder und den Hergang des Mordes an Magister Hahn voran. Wir zitieren hier, leicht gekürzt, die Biographie Laublers aus unserem Band MÖRDER / RÄUBER / MENSCHENFRESSER.
Franz Laubler wurde 1684 bei Augsburg geboren. Er war ein gelernter Fleischer, der aber nach ausgestandenen Lehrjahren bald Kriegsdienste nahm, und nach erhaltenem Abschied in der halben Welt herumlief. Er kam nach Dresden und trat zu den Lutheranern über. Deshalb wandte er sich an den berühmten Prediger Hahn, der ihm Unterricht erteilte, Essen, Trinken und Geld gab. Er brachte ihn auch unter die reitenden Trabanten, von denen er aber nach drei Jahren, wegen sichtbarer Spuren von Narrheit, den Abschied bekam. Sogleich faßte der den Entschluß, seinen Bekehrer zu ermorden.
Er versah sich am 20. Mai 1725 mit einem Messer, zehneinhalb Zoll lang, mit drei dreieckigen eisernen Nägeln, einem Strick und einer Rute. Mit diesen Werkzeugen ging er am folgenden Tag im Rausch zu dem Prediger Hahn und verlangte ihn mit Ungestüm zu sprechen. Hahn kam endlich und ging mit ihm auf den Saal. Eigener Aussage nach hätte Laubler lieber die abgelegene Studierstube gewünscht, weil er sich vorgenommen hatte, den unglücklichen Prediger zu würgen, anschließend zu kreuzigen und mit Ruten zu geißeln. Ein Vorsatz, der an seiner gänzlichen Unvernunft keinen Augenblick zweifeln läßt. Laubler fing von geistlichen Dingen an zu reden, fragte ihn, ob er als ein guter Hirte sein Leben für die Schafe lassen wollte. Wie der Prediger mit ja antwortete, sagte er, ich bin von Gott gesandt, ihm jetzt das Leben zu nehmen. Zugleich wollte er ihm die Schleife über den Kopf werfen, da aber Hahn die Hand vorwarf, gab er ihm zwei tödliche Stiche in die linke Brust. Über das Geschrei des Verwundeten wollte dessen Frau zuspringen, der Mörder aber schloß sie ein, und weil sich der Verwundete unterdessen aus der Tür machte, gab er ihm von hinten noch zwei Stiche. Hahn sank matt an der Treppe nieder und empfing von dem aus dem Haus laufenden Mörder noch zwei weitere Stiche.
Laubler ging von selbst in die Wache und gab sich als Arrestant an, mit den Worten, er habe den Seelenverführer Hahn ermordet. Dieser von einem verrückten Menschen ausgeübte Mord, hätte ohne die guten Anstalten des Gouverneurs Graf von Wackerbarth, bald ein allgemeines Blutbad verursacht. Unter dem Pöbel verbreitete sich das Gerücht, der Mord sei von den Katholiken angestiftet worden, und es sollten noch mehrere evangelische Prediger umgebracht werden. Der Pöbel griff die Katholiken an und schlug sie blutrünstig. Er übte auch in ihren Häusern Exzesse aus. Die starken und häufigen Patrouillen mußten ihn zerstreuen, und die Katholiken zur Sicherheit in die Wache nehmen. Am anderen Morgen breitete sich ohne die geringste Veranlassung, in der Kreuzkirche das Gerücht aus, daß an der Kirchentür Katholiken mit Flinten und bloßen Degen stünden und der Prediger auf der Kanzel erschossen werden sollte. Die Frauenzimmer fingen an zu heulen und zu schreien, und der Gottesdienst konnte nur mit Mühe zu Ende gebracht werden. Nach ein paar Tagen kam endlich das Volk von seiner Verblendung zurück. Glücklicherweise war dadurch kein neues Blutvergießen verursacht worden.
Das Aufführen Laublers im Gefängnis und einige eingangene Nachrichten von seinem vorigen Leben bestätigten hinlänglich, daß er öfters Anfälle von Zerrüttung der Sinne bekam. Er wurde am 18. Juli 1726 dem ergangenen Urteil gemäß von oben herunter gerädert. Übrigens hat kaum der Mord des großen Heinrich IV. so viel Aufsehen in Deutschland erregt wie die Ermordung des ehrlichen, aber einfältigen Magisters Hahn.
Am vergangenen Montag wurde dem Priestermörder die Todespost überbracht, und weil er sich bisher von keinem Priester, weder von der evangelischen noch von der papistischen Kirche besuchen und zur Buße bewegen lassen wollte, nachdrücklich beredet, für seine Seele zu sorgen, und anzugeben, mit welcher Religion er zu sterben gedachte. Endlich erwählte er die katholische, wollte aber das Heilige Nachtmahl nicht empfangen.
Gestern wurde er im Stockhaus im Hof in ein Behältnis an Ketten geschlossen. Dem einen oder anderen, die ihn sehen wollten, wurde der Eingang geöffnet, wo er sich unerschrocken gezeigt haben soll. Verwichene Nacht zwischen 12 und 1 Uhr brachte eine Eskorte der Ratswache diesen Executendum aus dem Stockhaus unters Rathaus in ein kleines Hinterstübchen gebracht, um dem Gedränge derer zu entgehen, die ihn sehen wollten. Dort blieb er bis zur Ausführung der Exekution.
Vor dem Rathaus wurde diese Nacht ein fünf Ellen hohes Gerüst aufgebaut, welches 16 Ellen breit und auch so lang war. Oben hatte man es mit einem Geländer versehen, zu welchem, gleich der Rathaustür gegenüber, eine Treppe von 14 Stufen hinaufging. Neben dem Gerüst waren die Schranken aufgeschlagen, in die man die Tische und Bänke des Hochnotpeinlichen Halsgerichtes setzte.
Und weil durch die Mordtat an unserem wohlseeligen Prediger die ganze Bürgerschaft in Betrübnis geraten war, so sollte selbige auch durch Ansehung der Exekution wieder soulagiert werden. Deswegen wurden von der Bürgerschaft aus allen vier Vierteln Neu- und Alt-Dresdens über 600 Mann früh um 4 Uhr mit Ober- und Unter-Gewehr hier her kommandiert. Sie zogen sich um 7 Uhr auf dem Alten Markt um das Gerüst oder Echaffaut, auf dem die Exekution geschehen sollte, vierfach umsetzt zusammen.
Hinter der Bürgerschaft wurden über 800 Mann Infanterie postiert, und diese umschlossen abermals einige Kompanien Kürassierreiter. Damit nun der unbändige Pöbel von gewissen Dingen abgehalten wurde, was bei Exekutionen desöfteren vorkam, stellte man an alle Ecken des Alten Marktes starke Plutonsinfanterie, die niemanden, außer Leute von Kondition, den passieren Markt ließen. Die starken aus 8 und 10 Mann bestehenden Patrouillen, die unaufhörlich durch alle kleinen und großen Gassen gingen, hielten alles in guter Ordnung.
Man kann sich leicht vorstellen, daß zu dieser Exekution viele fremde Personen vom Lande hereinkamen, daher alles, besonders aber auf dem alten Markt, sehr voll war. Alle Fenster in den anliegenden Häusern sah man besetzt und viele Vornehme konnten nicht einmal für großes Geld einen Platz bekommen, ganz zu schweigen von den Personen, die in den Gassen standen und den Mörder vor und nach der Exekution sehen wollten.
Als nun 9 Uhr heute Vormittag Seine Hoch-Reichs-Gräfliche Excellenz der Herr Generalfeldmarschall Graf von Flemming nebst des Herrn Gouverneur Graf Wackerbarth und anderen Hohen sich zu Pferde aufs Rathaus begaben, wo sich auch der gesamte Stadtmagistrat befand, wurde bald darauf der Executendus, der kurz vorher kommuniziert haben soll, durch 24 Ratswächter in die unterste Schranke, worin sich die Löblichen Stadtgerichte befanden, gebracht. Hier hat man das Hochpeinliche Halsgericht durch den Stockmeister ausrufen und hegen lassen, Executendo das eingekommene Definitivurteil nebst dem Landesfürstlichen Exekutivbefehl vorgelesen, den Stab gebrochen und anschließend die 14 Stufen hinauf auf das Echauffot geführt. Dahin begleitete ihn ein katholischer geistlicher. Dort wurde er mit dem Rad vom Leben zum Tod gebracht.
Die ersten 3 Stöße wurden ihm ins Genick gegeben, dann Arme und Beine zerschmettert und endlich mit etlichen Stößen und Schlägen aufs Herz vollends getötet. Er, dieser exekutierende Priestermörder, bewegte sich noch ziemlich, als bereits das Genick, ein Arm und Bein zerschlagen waren und war noch eine feine Weile am Leben. Das rührte daher, weil er ein großer, fetter und starker Kerl war.
Ob er nun seinen begangenen Fehler herzlich bereut und Gott um Gnade bat, wird ihm sein jetziger Seelenzustand am besten sagen. Der ihn zum Tode accompagnierende Pater hat getan, so viel ihm möglich war und ihn einzig und allein auf Christus und dessen Verdienst hingewiesen.
Sein Körper wurde anschließend durch Henkersknechte vom Gerüst herabgetragen, auf eine Schleife (eine Art Schlitten) gebunden und mit einem Pferd unter einer Eskorte von 24 Ratswächtern durch die Stadt über Alt-Dresden auf den Sand gebracht. Dahin marschierten und verfügten sich zugleich 200 Mann der Bürgerschaft und die Stadtgerichte. Die Bürgerschaft formierte einen Kreis, bis der Zerscheiterte aufs Rad gezogen und mit Ketten fest angemacht worden war. Die Bürger und die Miliz begaben sich endlich wieder auseinander und so wurde die wohlverdiente Exekution dieses Priestermörders ohne jegliche Unruhe beendet.
Man erfährt noch, daß die Hinzurichtenden oftmals sehr lange im Gefängnis sitzen mußten und hier ihrer Strafe harrten, bei Laubler aber, wohl wegen des Aufsehen erregenden Mordes, die Justiz ziemlich schnell ein Urteil fällte.