Interessanter noch ist, wenn wahr, die Geschichte des berühmten „Blauen Diamanten“, der seinen Besitzern, ganz im Gegensatz zu den herrschenden Traditionen, immer nur Unglück gebracht hat. Auch dieser Stein stammte aus Indien. Ein Mann namens Winighere brachte ihn um die Mitte des 16. Jahrhunderts nach Venedig. Ein Mitglied der Dogenfamilie Morosini erwarb den Diamanten, dessen Schönheit von den Dichtern besungen wurde. Der Inder hatte aber außer diesem Stein noch etwas anderes aus seiner Heimat mitgebracht – die Beulenpest, die kurz nach seiner Ankunft in Venedig zum Ausbruch kam.
Morosini flüchtete mit dem „Blauen Diamanten“ nach Florenz, wohin ihm die Seuche folgte, die in kurzer Zeit diese blühende Stadt veröden ließ. Morosini wurde gleichfalls ein Opfer der Krankheit. Den Stein bekam ein florentinischer Heerführer, der Condottiere Marsilio, der kurze Zeit später in einem Raufhändel erstochen wurde. Der Diamant wechselte dann fortwährend seinen Besitzer. Alle starben eines gewaltsamen Todes.
Zu Anfang des 18. Jahrhunderts fand er sich im Schatze des italienischen Klosters San Cosimo; dort fiel er den Soldaten der ersten französischen Republik in die Hände. General Lasalle kaufte ihn um einen verhältnismäßig geringen Preis von einem Plünderer; wenige Tage später fiel der Offizier in der Schlacht bei Lodi (10. Mai 1796). Einige Jahre später tauchte der „Blaue Diamant“ in Spanien auf. Ein junger Diplomat, Don Rose Ruiz y Margal, war der Besitzer. Auf einer Dienstreise, die Don Ruiz in die unruhige Provinz Katalonien unternehmen mußte, wurde er von einem betrunkenen Matrosen ermordet und beraubt. Die Verbrecher wurden bis auf einen ermittelt und hingerichtet. Der Entkommene flüchtete auf einem Westindienfahrer. Die übergroße Strenge des Kapitäns veranlaßte ihn mit mehreren Matrosen zu einer Gehorsamsverweigerung. Der Kapitän wurde jedoch der Meuterer Herr und ließ alle kurzerhand an den Raaen des Schiffes aufknüpfen. Der eine der Gerichteten trug am Finger einen kostbaren Ring. Die Fassung enthielt – den „Blauen Diamanten“! Der Kapitän nahm das Schmuckstück, ohne dessen Wert zu kennen, an sich, hatte aber wenig Veranlassung, sich dieses Besitzes zu erfreuen, denn bald nach der Landung in Veracruz wurde er in einer dortigen Spielhöhle von einem Desperado erschossen.
Die Leiche des Ermordeten fand man im Straßengraben, der Ring mit dem „Blauen Diamanten“ aber war verschwunden. Er fand sich aber später wieder im Besitz eines Anglo-Amerikaners namens Stewart, der bei einer öffentlichen Schaustellung infolge Einsturzes einer Tribüne verunglückte. Unter den Gästen des Dampfers „Seyne“, der im Herbste 1909 bei Singapure einem Taifun zum Opfer fiel, befand sich auch der reiche Spanier Senor Habib, der letzte Besitzer des „Blauen Diamanten“. So dürfte auch dieser gefährliche Edelstein auf dem Meeresgrunde begraben sein. Fortsetzung folgt!