Anna Sotmeyer – Das scheußlichste Weib der Welt (Frankfurt an der Oder – 1724) Teil 1

Anna Sotmeyer, geborene Schulze, war die Tochter eines Ackermanns aus der Vorstadt Lebus zu Frankfurt an der Oder. Christoph Schulze, ihr Vater, zog am Ende seines Lebens in die Stadt und ernährte sich als Brauer. Zu seinen Lebzeiten führte sich seine Tochter Anna schlecht und erbärmlich gegen ihn auf. Sie prügelte den alten Mann oft, unter anderem einmal ziemlich jämmerlich mit einer zusammengewundenen blauen Schürze, wobei sie ausrief: „Ich will ein Fuder Holz kaufen und dich alten Schelm verbrennen.

Nach seinem Tod jagte sie die Frau, die den Leichnam des Vaters waschen wollte, fort und schrie: „Du alter Schelm! Hast mich nicht richtig bedacht. Ich muß mich noch an dir rächen. Du hast mich in einer blauen Schürze zur Trauung gehen lassen.“ Sie faßte darauf den toten Körper an den Haaren, schlug ihn um den Kopf und ins Gesicht, stauchte den Kopf auf die Erde, schleppte den Körper in der Stube herum und riß in der Wut ein Stück Haut von der Brust herunter. Die Leute, die sie von dieser unnatürlichen Tat abhalten wollten, wehrte sie sich mit einem Messer ab.

Sie verheiratete sich mit dem Soldaten Heinrich Sotmeyer, der sich nach der Hochzeit, weil er den Abschied von der Armee bekam, von Tagelöhnerei ernähren mußte. Sie gebar in dieser Ehe drei Söhne, von denen Andreas hier noch traurige Erwähnung findet, und eine Tochter, Eva Sotmeyer, die an Christian Holle verheiratet wurde. Sie wurde wegen Diebeshehlerei mitsamt ihrem Mann des Landes verwiesen und letzterer zur Staupe geschlagen.

Neunzehn Jahre vor der Verhaftung der Anna Sotmeyer, wegen des abscheulichen Verbrechens, das ihre Hinrichtung nach sich zog, verschwand ihr Mann Heinrich Sotmeyer, ohne daß man wußte, wo er geblieben war. Sie wurde in der Inquisition befragt, ob sie nicht ihren Mann totgeschlagen hätte, gab aber zur Antwort, sie hätte nichts wie Flöhe totgeschlagen, und es ließ sich dieser Umstand nicht mehr ermitteln.

In der Nacht zwischen dem 19. und 20. Mai 1723 brannte die ganze Lebusische Vorstadt, deren Einwohnerin auch Anna Sotmeyer war, durch eine fürchterliche Feuersbrunst so aus dem Grund ab, daß nur das Haus eines Weinmeisters und die Schule stehen blieb. Acht Menschen verloren in den Flammen ihr Leben. Bei der Untersuchung, woher dieser Mordbrand stammen könne, zeigte sich, daß das erste Feuer bei der alten Sotmeyer im Stall und an dem Giebel des Nachbarhauses, worin am Tag zuvor weder Feuer noch Licht angezündet worden waren, entstanden war.

Auf diese Anzeige wurde die alte Sotmeyer nebst den Personen, die den Tag vorher in ihrem Haus waren, in gefängliche Haft gezogen. Es waren ihr Sohn Andreas Sotmeyer, Maria Walter, verwitwete Neumann, Frau des berühmten Kirchenräubers Neumann, deren Tochter und ihr vierzehnjähriger Sohn. Sie leugneten im Verhör alle etwas von dem Mordbrand zu wissen. Außer einem Schneidergesellen sei den Tag vor der Feuersbrunst auch niemand im Haus der alten Sotmeyer gewesen.

Dieser Schneidergeselle, Johann Friedrich Gottlieb, aus Berlin gebürtig, seines Alters 24 Jahre, wurde ein paar Tage später in Frankfurt ergriffen. Er leugnete anfänglich von irgendetwas zu wissen. Man brachte ihn deshalb in den Diebeskeller und sperrte ihn in die so genannte Jungfer. Diese Jungfer scheint ein verabscheuungswürdiges Torturmittel gewesen zu sein. Er saß kaum eine halbe Stunde in der Jungfer, da bekannte er von der Brandstiftung zu wissen.

Die ganze Sache verhielt sich folgendermaßen: Die alte Sotmeyer trug schon lange einen geheimen Haß gegen ihre Obrigkeit, weil ihre Tochter und ihr Schwiegersohn Holle den Staubbesen erhalten hatten, ihr Sohn Johann Sotmeyer aber wegen verdächtigen Kirchenraubes die Tortur ausstehen mußte. Sie bekam nun auch wegen ihrer Ziegen mit den Einwohnern der Lebusischen Vorstadt und ihrer Obrigkeit Streit und beschloß, sich ernstlich zu rächen.

Sie und zwei unbekannte Kerle, die nur sie und die alte Neumann kannten, machten den Vorschlag, die Lebusische Vorstadt in Brand zu stecken. Die alte Sotmeyer sagte daraufhin: „Macht nur, wir wollen wohl davonkommen. Meinen Kindern haben sie den Staubbesen gegeben, und meine Ziegen wollen sie nicht leiden. Ich muß mich rächen.“ Sie klopften Pech und Schwefel und fertigten daraus große Brennklumpen, deren Wirkung sicher und fürchterlich sein würde.

Der Fall ist ausführlich geschildert in: „Preußische Kriminalchronik hingerichteter Verbrecher“.

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