Anna Sotmeyer – Das scheußlichste Weib der Welt (Frankfurt an der Oder – 1724) Teil 3

Auf Spezialbefehl des Königs vom 4. September wurde mit dem Kadaver des Sotmeyer dergestalt verfahren, daß des Scharff-Richters Knecht das Cadaver aus dem Rath-Hause schleppen, langweg auf den Schinder-Karren, so, daß der Kopf hinterwerts der Karre herunter hieng, legen, und durch die Stadt, und Lebusische Vorstadt, nach den Richt-Platz führen muste, welches ein fürchterliches Spectacul repräsentirte, und ohne Entsetzen nicht anzusehen war. Auf dem Richtplatz wurde der Kadaver auf einen besonderen Scheiterhaufen geworfen und öffentlich verbrannt.

Plan der Stadt Frankfurt an der Oder, 1724

Hinrichtung der Sotmeyerschen Mordbrennerbande, 1724 (alle Kupferstiche stammen aus der Sammlung Kirchschlager, Arnstadt)

Am 16. September stattete endlich auch der Berlinsche Kriminalsenat sein Gutachten über die beiden noch immer beim Leugnen beharrenden Verbrecherinnen Anna Sotmeyer und die Witwe Neumann ab, welches am 19. September überall bestätigt vom König zurückkam. Danach sollten die noch immer Leugnenden, als überführte Missetäterinnen, wie folgt bestraft werden: Anna Sotmeyer sollte lebendig auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden, die Witwe Neumann sollte aber mit dem Schwert gerichtet, anschließend der Körper gleichfalls verbrannt werden. Ihren Kopf sollte man aber auf einen Pfahl stecken und darunter eine Tafel anbringen, worauf die Namen der Inquisiten, ihr Verbrechen und ihre Strafe stehen. Johann Christoph Neumann sollte mit Staupenschlägen belegt und für zehn Jahre nach Spandau in die Karre gebracht werden, das heißt, man schmiedete ihn für zehn Jahre an eine Schubkarre an.

Übrigens bestand zwischen beiden Verbrecherinnen ein deutlicher Unterschied. Die Sotmeyer war, da sie nicht allein die Urheberin dieser abscheulichen Tat, sondern auch das Feuer auf ihrem Hof am Hintergebäude zuerst anlegte und den anderen dadurch ein Signal gab, daß sie nun die Kluten auch auswerfen sollten, nicht anders als nach Schärfe des Artikels 125 der Peinlichen Halsgerichtsordnung, der Strafe der Brenner, zu strafen. Die Witwe Neumann, weil sie nur zur Präparierung der Feuermaterialien mit Rat und Tat zur Hand ging, als eine Helfershelferin nach dem Artikel 177 (Von der Strafe der Förderung, Hilfe und Beistand der Missetäter) zu bestrafen. Dieser sah vor, falls jemand einem Missetäter wissentlich und gefährlicher Weise einige Hilfe, Beistand oder Förderung angedeihen läßt, egal wie man es nennen will, so ist er peinlich zu strafen.

Während der Abfassung ihres Urteils ließ die Sotmeyer ihren Defensor zu sich rufen und fragte ihn: „Wie ist es denn, wird die Sache noch nicht bald ein Ende kriegen, und werde ich nicht endlich loskommen?“ Da er ihr diese Hoffnung nehmen wollte, wurde sie sehr unwillig und sagte, sie müßte sich im Gefängnis gegen den Winter ganz abreißen. Am 25. September wurde beiden Inquisitinnen das Urteil publiziert. Die Sotmeyer hörte sehr aufmerksam zu und sagte nach geendigter Verlesung: „I, da is ok nich ein wahr Wort drin.“

Beide Inquisitinnen wollten weder etwas von einem Geistlichen noch von einer Bekehrung wissen, und wie ihnen deshalb ein achttägiger und noch längerer Aufschub von Gerichtswegen angeboten wurde, lehnten sie ihn ab.

Selbst der Zuspruch zweier Geistlicher war bei der alten Neumann vergeblich. Einer der Prediger stellte ihr vor, daß er dereinst von ihrer Seele Rechenschaft würde geben müssen, worauf sie antwortete: „Bewahre Gott, das wird keiner verlangen, daß er für mich und meine Seele Rechenschaft geben soll.“

Die alte Sotmeyer sagte, wie sie nach der Publikation im Gefängnis ankam, es hungere ihr so auf den Schreck, der Stockvogt solle ihr Essen bringen. Andere hätten wohl den Appetit auf solch einen Schreck verloren.

Der 3. Oktober 1724 wurde zur Hinrichtung festgesetzt. Vor der peinlichen Bank blieben beide Inquisitinnen bei ihrem Leugnen. Sie verfügten über ihre wenigen Kleider und Lumpen zum Besten ihrer Kinder und Enkel, wollten aber von Beten nichts wissen. Die alte Sotmeyer wollte ungebunden zum Richtplatz geführt werden, aber dieses Gesuch wurde ihr abgeschlagen. Hierauf führte man sie durch die Stadt und die Lebusische Vorstadt.

Wie sie in den Kreis traten, war die alte Neumann anfangs etwas furchtsam, allein Anna Sotmeyer betrat ihn mit einem ganz munteren Gesicht und sah sich überall um. Sie setzte sich auf einer Leiter nieder und stand nicht eher auf, als bis man ihr befahl, den Schwertstreich anzusehen, den ihre Busenfreundin empfangen sollte. Dieser Schwertstreich, der dem Leben des abscheulichen Weibes ein Ende machte, verursachte bei ihr nicht den geringsten Eindruck. Anna Sotmeyer ging darauf selbst zu ihrem eigenen Scheiterhaufen, lief die aus Brettern gezimmerte Treppe hinauf, setzte sich mit verblüffender Unerschrockenheit auf den aus Kien gemachten Stuhl und ließ sich ruhig vom Scharfrichter die Ketten um den Leib und Hals anlegen.

Als der Henker die Treppe hinunterging, versuchte sie sich zweimal an der Halskette zu erwürgen, weil es aber wegen der Weite der Kette nicht ging, biß sie die Zähne zusammen und ließ sich, ohne einen Laut von sich zu geben oder eine Bewegung zu machen, verbrennen. Von der Zeit an, als sie über ihre Kleider verfügte, bis zu ihrem Tod sprach sie kein weiteres Wort. Sie war das rachgierigste und standhafteste Weib, das je gelebt hatte.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.